TÜV abgelaufen: Welche Strafen drohen jetzt?

Der rote Aufkleber auf Ihrem Kennzeichen ist mehr als nur eine Zierde – er ist das sichtbare Zeichen, dass Ihr Fahrzeug die Hauptuntersuchung (HU), umgangssp

Der rote Aufkleber auf Ihrem Kennzeichen ist mehr als nur eine Zierde – er ist das sichtbare Zeichen, dass Ihr Fahrzeug die Hauptuntersuchung (HU), umgangssprachlich „TÜV“, erfolgreich bestanden hat. Wenn dieser Aufkleber jedoch seinen Gültigkeitszeitraum überschritten hat, kann das schnell zu einer unangenehmen und kostspieligen Angelegenheit werden. Es geht dabei nicht nur um eine reine Formalität, sondern um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und den Schutz unserer Umwelt.

Viele Autofahrer unterschätzen die Konsequenzen eines abgelaufenen TÜV-Termins, die von einfachen Bußgeldern bis hin zu schwerwiegenden Problemen mit der Versicherung oder gar der Stilllegung des Fahrzeugs reichen können. In diesem Artikel beleuchten wir detailliert, welche Strafen und Risiken Sie erwarten, wenn Sie den Termin für die Hauptuntersuchung verpassen, und zeigen Ihnen, wie Sie am besten damit umgehen.

Was ist der TÜV überhaupt und warum ist er so wichtig?

Bevor wir uns den Strafen widmen, ist es wichtig zu verstehen, was die Hauptuntersuchung (HU) – oft fälschlicherweise nur „TÜV“ genannt, obwohl der TÜV nur eine von vielen Prüforganisationen ist – eigentlich ist und warum sie so eine zentrale Rolle spielt. Die HU ist eine gesetzlich vorgeschriebene, regelmäßige Untersuchung von Kraftfahrzeugen, die sicherstellen soll, dass diese verkehrssicher und umweltverträglich sind. Dabei werden Bremsen, Lenkung, Beleuchtung, Reifen, Fahrwerk und viele weitere sicherheitsrelevante Bauteile geprüft. Auch die Abgasuntersuchung (AU) ist ein fester Bestandteil der HU.

Der Gesetzgeber hat die regelmäßige Überprüfung eingeführt, um Mängel frühzeitig zu erkennen, die die Verkehrssicherheit gefährden oder die Umwelt belasten könnten. Ein Auto ist ein komplexes technisches Gerät, das im Laufe der Zeit Verschleißerscheinungen zeigt. Ohne regelmäßige Kontrolle könnten Fahrzeuge mit defekten Bremsen, maroden Reifen oder mangelhafter Beleuchtung auf unseren Straßen unterwegs sein, was das Unfallrisiko massiv erhöht. Der TÜV ist also nicht nur eine lästige Pflicht, sondern ein essenzieller Beitrag zu unserer aller Sicherheit.

Der rote Aufkleber ist abgelaufen – und jetzt? Die Bußgelder im Detail

Die gute Nachricht zuerst: Wenn Sie den TÜV-Termin nur leicht überschritten haben und nicht in eine Kontrolle geraten, passiert zunächst nichts. Es gibt keine automatische Strafe, die per Post kommt. Die schlechte Nachricht: Wenn Sie erwischt werden, kann es teuer werden, und die Strafen steigen progressiv, je länger der TÜn abgelaufen ist.

Hier ist eine Übersicht über die üblichen Bußgelder:

  • Bis zu 2 Monate überfällig: In der Regel gibt es hierfür noch keine direkten Bußgelder für Pkw, sondern eher eine Verwarnung. Manchmal kann aber bereits ein Verwarnungsgeld von 15 Euro fällig werden.
  • 2 bis 4 Monate überfällig: Hier wird es ernster. Für Pkw droht ein Bußgeld von 25 Euro.
  • 4 bis 8 Monate überfällig: Ab dieser Schwelle wird es richtig unangenehm. Pkw-Fahrer müssen mit einem Bußgeld von 60 Euro rechnen und erhalten zusätzlich 1 Punkt in Flensburg.
  • Mehr als 8 Monate überfällig: Das ist die höchste Stufe. Es droht ein Bußgeld von 75 Euro und ebenfalls 1 Punkt in Flensburg. Zudem kann die Zulassungsstelle die Stilllegung des Fahrzeugs anordnen, wenn die Prüfplakette um mehr als acht Monate überzogen ist und das Fahrzeug bei einer Kontrolle als nicht verkehrssicher eingestuft wird.

Wichtiger Hinweis für Nutzfahrzeuge: Für Nutzfahrzeuge, Anhänger und Kraftomnibusse sind die Strafen deutlich höher und beginnen bereits früher. Schon ab zwei Monaten Überziehung kann ein Punkt in Flensburg drohen, und die Bußgelder steigen schnell in den dreistelligen Bereich. Für diese Fahrzeugtypen ist die Einhaltung der Fristen noch kritischer.

Punkte in Flensburg: Eine unschöne Nebenwirkung

Neben den finanziellen Bußgeldern ist der Punkt in Flensburg eine weitere, oft unterschätzte Konsequenz eines überzogenen TÜV-Termins. Das Punktesystem in Flensburg dient dazu, notorische Verkehrssünder zu identifizieren und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu ergreifen. Ein Punkt mag auf den ersten Blick harmlos erscheinen, aber die Summe macht's.

Ab 8 Punkten ist der Führerschein weg. Und auch schon vorher können Maßnahmen wie eine kostenpflichtige Ermahnung bei 4 oder 5 Punkten oder die Anordnung eines Fahreignungsseminars bei 6 oder 7 Punkten auf Sie zukommen. Ein Punkt für einen abgelaufenen TÜV kann also das Zünglein an der Waage sein, das Sie Ihrem Führerscheinentzug einen Schritt näherbringt. Es ist ein deutliches Signal, dass der Staat die Vernachlässigung der Hauptuntersuchung ernst nimmt.

Unerlaubte Weiterfahrt: Wenn die Polizei genauer hinsieht

Wenn Sie mit abgelaufenem TÜV von der Polizei angehalten werden, kann die Situation über ein einfaches Bußgeld hinausgehen. Die Beamten haben das Recht, eine genaue Inaugenscheinnahme Ihres Fahrzeugs vorzunehmen. Stellen sie dabei gravierende Mängel fest, die eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, können sie die Weiterfahrt untersagen.

Im schlimmsten Fall kann das Fahrzeug noch vor Ort stillgelegt werden, was bedeutet, dass es abgeschleppt werden muss – auf Ihre Kosten. Sie erhalten dann eine Mängelkarte und müssen das Fahrzeug reparieren lassen und erneut bei einer Prüfstelle vorführen. Die Kosten für das Abschleppen, die Reparatur und die Nachprüfung summieren sich schnell. Ein abgelaufener TÜV kann also nicht nur ein Bußgeld, sondern auch eine sofortige und kostspielige Zwangspause für Ihr Fahrzeug bedeuten.

Versicherungsschutz: Deckt die Kasse bei einem Unfall noch?

Dies ist vielleicht der kritischste Punkt und eine der größten Sorgen vieler Autofahrer: Was passiert bei einem Unfall, wenn der TÜV abgelaufen war? Hier muss man zwischen der Haftpflichtversicherung und der Kaskoversicherung unterscheiden.

  • Haftpflichtversicherung: Die gute Nachricht ist, dass Ihre Haftpflichtversicherung in Deutschland auch bei abgelaufenem TÜV den Schaden des Unfallgegners regulieren muss. Das ist gesetzlich vorgeschrieben, um die Opfer von Verkehrsunfällen zu schützen. Ihr Unfallgegner wird also immer entschädigt.
  • Kaskoversicherung (Vollkasko/Teilkasko): Hier wird es komplizierter. Ihre eigene Kaskoversicherung kann die Leistung kürzen oder sogar ganz verweigern, wenn der abgelaufene TÜV ursächlich für den Unfall war oder die Schäden zumindest mitverursacht hat. Das Stichwort ist hier „grobe Fahrlässigkeit“. Wenn beispielsweise die Bremsen aufgrund mangelnder Wartung, die bei einer HU aufgefallen wären, versagt haben und dies zum Unfall führte, könnte die Versicherung die Zahlung verweigern.

Es ist entscheidend zu verstehen: Auch wenn die Haftpflicht zahlt, kann Ihre Kaskoversicherung Sie im Regen stehen lassen, wenn der fehlende TÜV einen kausalen Zusammenhang mit dem Unfall hat. Das bedeutet, Sie müssten den Schaden an Ihrem eigenen Fahrzeug selbst tragen, was schnell in die Tausende gehen kann.

Fahrzeugmängel: Das wahre Risiko

Abgesehen von allen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen gibt es ein viel grundlegenderes Problem, wenn der TÜV abgelaufen ist: Das erhöhte Risiko, ein Fahrzeug mit unentdeckten, sicherheitsrelevanten Mängeln zu fahren. Der TÜV prüft genau die Komponenten, die für Ihre Sicherheit und die Sicherheit anderer unerlässlich sind:

  • Bremsanlage: Funktionieren die Bremsen noch optimal? Sind die Bremsbeläge und -scheiben verschlissen?
  • Reifen: Haben die Reifen noch genügend Profiltiefe? Sind sie beschädigt oder zu alt?
  • Beleuchtung: Funktionieren alle Lichter einwandfrei? Sind sie richtig eingestellt?
  • Lenkung und Fahrwerk: Gibt es Spiel in der Lenkung? Sind Stoßdämpfer oder Federn defekt?

Ein abgelaufener TÜV bedeutet, dass diese wichtigen Systeme länger nicht überprüft wurden. Selbst wenn Ihr Auto sich „normal“ anfühlt, können sich Mängel schleichend entwickeln, die nur ein geschultes Auge oder spezielle Prüfgeräte erkennen. Das Fahren mit abgelaufenem TÜV ist somit immer ein bewusstes Eingehen eines erhöhten Sicherheitsrisikos für Sie und Ihre Mitfahrer.

Verkauf des Fahrzeugs mit abgelaufenem TÜV: Was muss ich beachten?

Sie möchten Ihr Fahrzeug verkaufen, aber der TÜV ist abgelaufen? Das ist grundsätzlich möglich, aber es gibt einige Dinge zu beachten, die den Verkauf erschweren können:

  • Geringerer Verkaufswert: Ein Fahrzeug ohne gültigen TÜV ist für Käufer weniger attraktiv und erzielt in der Regel einen deutlich niedrigeren Preis. Der Käufer muss die Kosten und den Aufwand für die HU einkalkulieren.
  • Transparenz ist Pflicht: Sie müssen den Käufer ausdrücklich darauf hinweisen, dass der TÜV abgelaufen ist. Verschweigen Sie diesen Umstand, kann dies später zu rechtlichen Problemen führen.
  • Anmeldung und Überführung: Ein Käufer kann das Fahrzeug ohne gültigen TÜV nicht anmelden. Er müsste es entweder mit Kurzzeitkennzeichen oder auf einem Anhänger zur Prüfstelle oder Werkstatt bringen. Das ist für Privatkäufer oft ein Hindernis.
  • Export oder an Händler: Viele Fahrzeuge mit abgelaufenem TÜV werden an Händler verkauft, die sich auf den Export spezialisiert haben, oder an Bastler, die das Fahrzeug wieder flottmachen wollen.

Der Verkauf eines Fahrzeugs mit abgelaufenem TÜV ist mit mehr Aufwand und einem geringeren Erlös verbunden. Es ist fast immer ratsam, den TÜV vor dem Verkauf noch machen zu lassen, sofern keine größeren Mängel zu erwarten sind.

Was tun, wenn der TÜV abgelaufen ist? Ein Schritt-für-Schritt-Plan

Keine Panik! Wenn Sie feststellen, dass Ihr TÜV abgelaufen ist, ist das erste und Wichtigste: Handeln Sie sofort!

  1. Termin vereinbaren: Rufen Sie umgehend eine Werkstatt Ihres Vertrauens oder eine Prüforganisation (TÜV, Dekra, GTÜ, KÜS etc.) an und vereinbaren Sie einen Termin für die Hauptuntersuchung.
  2. Direkter Weg zur Prüfstelle: Sie dürfen mit abgelaufenem TÜV zum Zweck der Hauptuntersuchung auf direktem Weg zur Prüfstelle oder zur Werkstatt fahren. Achten Sie darauf, den kürzesten und direktesten Weg zu nehmen, um keine unnötigen Risiken einzugehen.
  3. Mögliche Vorabprüfung: Viele Werkstätten bieten an, das Fahrzeug vorab zu prüfen und mögliche Mängel zu beheben, bevor es zur eigentlichen HU vorgestellt wird. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Fahrzeug die Prüfung auf Anhieb besteht.
  4. Kosten einkalkulieren: Neben den Kosten für die HU selbst (ca. 100-150 Euro) sollten Sie eventuelle Reparaturkosten für festgestellte Mängel einplanen.
  5. Nicht ignorieren: Lassen Sie den abgelaufenen TÜV nicht schleifen. Je länger Sie warten, desto höher werden die Bußgelder und desto größer die Risiken.

Der beste Weg ist immer, proaktiv zu sein und den Termin nicht zu verpassen.

Tipps zur Vermeidung des abgelaufenen TÜV-Termins

Es ist leichter, den TÜV-Termin gar nicht erst zu verpassen, als sich später mit den Konsequenzen herumzuschlagen. Hier sind einige einfache Tipps:

  • Rote Plakette prüfen: Werfen Sie regelmäßig einen Blick auf die runde rote Prüfplakette auf Ihrem hinteren Kennzeichen. Die Zahl in der Mitte zeigt das Jahr, und die obere Zahl den Monat an, in dem die nächste HU fällig ist.
  • Kalendereintrag: Tragen Sie den Termin sofort in Ihren digitalen oder analogen Kalender ein und stellen Sie sich eine Erinnerung ein.
  • Werkstattservice nutzen: Viele Werkstätten bieten einen kostenlosen Erinnerungsservice an und benachrichtigen Sie rechtzeitig vor dem Fälligkeitsdatum.
  • Fahrzeugpapiere checken: Im Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I) ist unter Punkt 29 ebenfalls der Fälligkeitstermin vermerkt.

Ein wenig Voraussicht kann Ihnen viel Ärger, Geld und Punkte ersparen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  • Muss ich Strafe zahlen, wenn ich nur 1 Tag überfällig bin? Technisch ja, aber in der Praxis wird bei einer so kurzen Überschreitung oft eine Verwarnung ausgesprochen, ohne direkt ein Bußgeld zu erheben.
  • Kann ich mit abgelaufenem TÜV zur Werkstatt fahren? Ja, Sie dürfen auf dem direkten Weg zur Prüfstelle oder zur Werkstatt fahren, um die Hauptuntersuchung durchführen zu lassen.
  • Was passiert, wenn mein Auto durch den TÜV fällt? Sie erhalten eine Mängelliste und haben in der Regel einen Monat Zeit, die Mängel beheben zu lassen und das Fahrzeug zur Nachprüfung vorzustellen.
  • Kann ich mein Auto ohne gültigen TÜV abmelden? Ja, die Abmeldung eines Fahrzeugs ist auch ohne gültige Hauptuntersuchung möglich.
  • Gibt es eine Kulanzzeit beim TÜV? Nein, es gibt keine offizielle Kulanzzeit; der auf der Plakette angegebene Monat ist der Fälligkeitsmonat.
  • Was kostet die Nachprüfung nach Mängeln? Die Kosten für eine Nachprüfung sind deutlich geringer als für eine komplette HU und liegen meist zwischen 15 und 30 Euro, sofern sie fristgerecht erfolgt.

Fazit

Ein abgelaufener TÜV-Termin ist kein Kavaliersdelikt und kann weitreichende Konsequenzen haben, die weit über ein einfaches Bußgeld hinausgehen. Handeln Sie daher immer proaktiv und vereinbaren Sie rechtzeitig einen Termin für die Hauptuntersuchung, um sich selbst, Ihren Geldbeutel und Ihre Verkehrssicherheit zu schützen.